Illustre Geschichten aus der Pop- und Rockwelt

Richard Rossbach und Jürgen Rau (v.l.) beim Präsentieren ihrer Rockgeschichten. Fotorechte: Jürgen Rau
Am 2. März laden die Musiker Jürgen Rau und Richard Rossbach unter dem Titel „Rock Tales“ zu musikalischen und anekdotischen Begegnungen mit legendären Stars ein. Die meisten Musikgrößen, von denen sie auf der Bühne erzählen, hat Jürgen Rau persönlich kennengelernt. Wie es dazu kam, erzählt der frühere Musikmanager hier

Vita: Jürgen Rau arbeitete mehr als 45 Jahre als Produktmanager, Marketing- und Werbeleiter im Musikbusiness, schrieb Bücher über Hamburgs Musik-
szene und stand mit eigenen Programmen selbst auf der Bühne – zum Beispiel 2014 im Atrium vom NewLivingHome mit den „Tüdelboys“, im Trio mit Konrad Lorenz und Philipp Rückel.

NEW Sie haben als Musikmanager viele Stars persönlich kennengelernt, was war das verrückteste Erlebnis?
Jürgen Rau: Da gibt es eine Menge Anekdoten, eine der kuriosesten ist die mit Udo Lindenbergs Hose. Das war ziemlich zu Beginn meiner Karriere in der Musikbranche. Ich war junger Mitarbeiter in der Werbeabteilung der damaligen Schallplattenfirma Teldec. Da liefen so gesetzte Herren in Anzug und Krawatte herum, die hatten gerade einen jungen Musiker namens Udo Lindenberg unter Vertrag genommen – das war ja der erste Rockmusiker mit deutschen Texten. Wir jungen Leute in der Firma waren begeistert von dem coolen Udo. Und dann tauchte er bei einer lahmen Weihnachtfeier in der Firma auf, mit ein paar Kisten Sekt. Plötzlich ging die Post ab, irgendwann hatte ich einen Filmriss. Am nächsten Morgen wachte ich bei mir zu Hause in Udos Lederhose auf, mit seinem Personalausweis in der Gesäßtasche. Keine Ahnung, wie das passiert ist, meine eigene Hose blieb für immer verschwunden. Das war der Auftakt meiner Freundschaft mit Udo, ein Jahr später wurde er ein Star. Er macht aber auch einfach tolle Songs. Bis heute ist er sich treu geblieben, zieht sein Ding durch, das finde ich klasse.

NEW Wie sind Sie denn überhaupt in die Branche gekommen?
Rau: Eigentlich durch meinen großen Bruder, der hat mich mit dem Rock’n’ Roll Virus infiziert. Er war damals öfters im Star-Club und hat mir immer von den Bands dort erzählt. Ich war erst 14 Jahre alt, wollte aber auch mal hin, da schleuste er mich durch die Hintertür ein. Er hatte 1962 dort auch die Beatles gesehen, da waren sie noch ganz jung. Er fand sie damals „total schlecht.“ Sie mussten sich aber irgendwie gegen die anderen Bands behaupten. Schließlich komponierten sie eigene Songs und fanden ihren Weg. John Lennon sagte später über diese Zeit: „I was born in Liverpool, I grew up in Hamburg“ – er wurde in Liverpool geboren und in Hamburg zum Mann.

NEW Und wann haben Sie die Beatles das erste Mal live gesehen?
Rau: Das war 1966, da waren sie schon Weltstars. Entsprechend traten sie in Hamburg in großem Rahmen auf, damals in der Ernst-Merck-Halle, die später für das erweiterte Messegelände abgerissen wurde. Ich erinnere mich noch genau: In der ersten Reihe saßen Helmut Schmidt und seine Frau Loki. Das wurde vom Publikum sehr wohl wahrgenommen, Helmut Schmidt war ja nach der Flutkatastrophe 1962 der Held in Hamburg. Als großer
Beatlesfan bin ich an deren Geburtsort nach Liverpool gefahren. Ich besuchte unter anderem die Penny Lane und war schwer enttäuscht. Die von den Beatles so schillernd besungene Straße war in der Realität trist, da war nichts los. Als ich dann abends im Pub einem Briten von meiner Enttäuschung erzählte, sagte der, „aber es klingt eben gut.“ Da begriff ich, wie sie ihre Lieder gemacht haben, mit gut klingenden Titeln. So auch beim Song „Eleanor Rigby“. Der Legende nach soll der Vorname von einer Schauspielerin und der Nachname von einem Laden stammen. Aber vielleicht kannten Paul und John den Namen schon von früher. In ihrer Jugend trafen sie sich auf einem Liverpooler Friedhof, wo es einen Grabstein mit dem Namen Rigby gab. Später habe ich mit Paul McCartney in London zusammengearbeitet. Er ist ein total sympathischer und bodenständiger Mensch. In den Rock Tales erzähle ich mehr von ihm.

NEW Wollten Sie selbst nie Musiker werden?
Rau: Natürlich wollte ich in jungen Jahren Gitarre spielen wie meine großen Vorbilder. Und als Hobbymusiker machen mir die Auftritte in Amateurgruppen viel Spaß. Aber für die große Karriere waren andere einfach besser. Dafür fand ich es spannend, Musiker in ihrer Originalität und mit ihrer Kunst kennenzulernen. Deswegen wollte ich gleich nach der Schule in die Musikbranche gehen. Aber meine Eltern waren davon gar nicht begeistert. So machte ich zunächst eine kaufmännische Lehre in einer Heizungsfirma. Später arbeitete ich bei Plattenfirmen, wie etwa Polydor.

NEW Während Ihrer Arbeit trafen sie auch Musiklegenden, wie Bob Dylan…
Rau: …Das war tatsächlich nicht ge-plant. Ich begleitete damals die Hard-
rocksängerin Doro Pesch zu Aufnahmen in die New Yorker Columbia-Studios. Sie nahm ihre Platte dort im Tonstudio zwei auf. Als ich hörte, dass sich im Studio eins Bob Dylan angesagt hatte, huschte ich in einer Pause kurz `rüber. Er kam zu spät, aber dann saß er da am Klavier, wie man ihn kennt, leicht verwuschelte Haare, näselnde Stimme. Er hatte zwei Flaschen Beaujolais mitgebracht. Die köpfte er nach den Aufnahmen mit seiner Band und lud uns dazu ein. Wir stießen alle mit Wein an, nur Bob Dylan nicht, der trank Ingwer-Tee. Das sind so die kleinen Momente, die einem die Künstler menschlich nahebringen, trotz ihrer besonderen Aura, die sie ausstrahlen.

NEW Sie haben in ihrem Job auch einige junge Künstler entdeckt?
Rau: Oft haben sich junge Bands bei den Plattenfirmen beworben. Als ich bei Phonogram war, bin ich auf die Bewerbung von einer Band namens Trio aufmerksam geworden. Die habe ich mir dann in einem Club im ostfriesischen Großenkneten live angesehen und mit ihnen noch in der Nacht einen Vorvertrag gemacht. Die waren einfach so anders als alle anderen, das hat mir gefallen. Mit ihrem Hit „Da Da Da“ wurde sie dann bald zu Stars der Neuen Deutschen Welle. Mein damals fünf Jahre alter Sohn fand ihre Songs auch so toll und hatte die Köpfe der drei Bandmitglieder gezeichnet. Die Kinderzeichnung kam so gut an, dass sie auf die Rückseite eines Schallplattencovers gedruckt wurde. Das war in den 80er Jahren. Viele Jahre später traf ich Stefan Remmler von Trio auf einer Party und er trug ein T-Shirt mit der Zeichnung meines Sohns. Als ich staunend nachfragte, erzählte er mir, dass es ein Werbegeschenk sei, zur Einführung des VW Käfers in den USA. Dazu hatten die Werbeleute den Da Da Da-Song genutzt. Der Song erschien auf Platte mit der Grafik von Dennis dieses Mal auf der Vorderseite der Plattenhülle. Die Scheibe wurde 20 Millionen mal verkauft, das freute auch meinen Sohn, der heute übrigens Illustrator ist.

NEW Wie kam es zur Zusammenarbeit mit ihrem Bühnenpartner Rossbach?
Rau: In den 80er Jahren hatte ich für Polygram auch eine Band namens Duesenberg unter Vertrag. Die machten lockere Musik im Stil des amerikanischen Westcoast-Rock. Sie gewannen sogar einen Echo, wurden aber leider nicht berühmt. Ihr Keyboarder und Schlagzeuger war Richard Rossbach. Ein musikalischer Tausendsassa! Er ist ausgebildeter Kirchenmusiker und Organist, spielt aber noch knapp dreißig andere Instrumente. Als mich nach den musikalischen Lesungen zu meinen Büchern immer wieder Leute fragten, wie die Stars denn so drauf sind, kam mir die Idee zu den Rockgeschichten. Und die ließen sich mit Richard als Partner prima umsetzen. Wir nehmen das Publikum sozusagen mit in den Backstage-Bereich der Stars, erzählen amüsante Anekdoten nach Noten, zeigen Bilder und Videos, spielen legendäre Welt-Hits von Größen wie den Beatles, Elton John, Eric Clapton und vielen anderen. Es ist eine vergnügliche Reise durch die Rock- und Popwelt, die uns riesigen Spaß macht.

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